Macht und Beziehungsgespräche im Community Organizing

Das ZfS-Team nahm an einem Workshop mit Sami Atris, dem Community Organizer der Berliner Bürgerplattformen der DICO Gesellschaft für Community Organizing gGmbH, teil. Ein zentrales Thema war die Bedeutung interessenorientierter Beziehungsgespräche, die über das Verständnis von Macht im Community Organizing führten. Hier wird Macht als die Fähigkeit zum Handeln betrachtet.

Hannah Arendts Blick auf Macht
Hannah Arendt, eine einflussreiche politische Philosophin, betonte, dass Macht ein integraler Bestandteil jeder organisierten Gruppe ist. Im Gegensatz zur Gewalt ist Macht ein Selbstzweck. Macht ist weder gut noch böse, sondern entsteht, wenn Menschen gemeinsam handeln. Daher ist es nicht überraschend, dass die Werke von Hannah Arendt in der Welt des Community Organizing einen festen Platz gefunden haben. Bürgerplattformen auf der ganzen Welt generieren durch kollektives Handeln eine Form von Macht, die von den Handelnden selbst geschaffen wird. Um diesen Machtprozess besser zu verstehen und die daran beteiligten Personen zu identifizieren, greift das Community Organizing auf die Machtanalyse zurück. Dieser Prozess stellt sicher, dass die Machtverhältnisse im sozialen Raum offengelegt werden.

Schritte der Machtanalyse
Der Ablauf einer Machtanalyse beginnt mit der Sammlung von Namen und Informationen von Akteur*innen innerhalb eines festgelegten Rahmens, sei es thematisch oder räumlich. Dies ermöglicht einen Überblick über die Beziehungen zwischen Einzelpersonen und Organisationen und hilft, bestehende Vernetzungen zu erkennen. Dabei werden öffentlich sichtbare Beziehungen um informelle Informationen und Verbindungen ergänzt, die oft am besten in persönlichen Beziehungsgesprächen gewonnen werden. Im letzten Schritt werden die erkannten Verbindungen genutzt, um Ansatzpunkte für vertiefende Beziehungsarbeit oder gezielte Kampagnen zu finden. Die Machtanalyse bildet somit die Grundlage für effektives Handeln im Community Organizing.

Das Wesen eines interessenorientierten Beziehungsgesprächs
Interessenorientierte Beziehungsgespräche sind das Herzstück des Community Organizing. Diese Gespräche unterscheiden sich radikal von anderen Arten der Kommunikation und sind entscheidend für den Aufbau öffentlich-persönlicher Beziehungen. Diese Gespräche sind keine Interviews oder seelsorgerischen Sitzungen, sondern Begegnungen auf Augenhöhe. Sie zeichnen sich durch eine ausgewogene Beteiligung beider Gesprächspartner aus, wobei der initiale Anstoß oft von einem*r Community Organizer*in kommt. Um das Gespräch persönlich zu gestalten, kann man auf den eigenen Hintergrund, Beziehungen zur Stadt und die persönlichen Beweggründe für das Gespräch eingehen. Der Kern des Gesprächs besteht in einem offenen Austausch über Herausforderungen und Motivationen. Beide Beteiligten entscheiden selbst, wie viel sie von sich preisgeben möchten. Wichtig ist das aktive Zuhören und empathische Verstehen, denn nur so kann ein interessenorientiertes Beziehungsgespräch erfolgreich sein.

 

Foto | KHSB

 

In einer Welt, in der Veränderungen und kollektives Handeln immer wichtiger werden, ist ein tiefes Verständnis von Machtanalyse und die Fähigkeit zu interessenorientierten Beziehungsgespräche von Bedeutung. Es ermöglicht uns, die Mechanismen hinter der Macht zu erkennen und aktiv daran teilzuhaben, um positive Veränderungen in unserer Gesellschaft herbeizuführen. Hannah Arendt und ihre Gedanken zur Macht sind heute relevanter denn je, da wir uns immer stärker auf die Macht des Kollektivs und die Bedeutung unserer gemeinsamen Handlungen besinnen. | KL

Zurück

***

Quellen zu Begriffen der Macht, Machtanalyse und interessenorientierte Beziehungsgesprächen nach dem Begriffslexikon der DICO gGmbH.