Eröffnung der AKIIM | Impulsvortrag von Prof. Dr. Tunç

Am 22. April 2025 wurde die neue Arbeitsstelle für kritische, interdisziplinäre und interreligiöse Männlichkeitsforschung (AKIIM) am Zentrum für Islamische Theologie (ZIT) der Universität Münster feierlich eröffnet. Die Veranstaltung fand in hybrider Form im Hörsaal S1 am Münsteraner Schlossplatz statt und wurde von einem vielseitigen Publikum besucht – sowohl vor Ort als auch digital.

 

Anlässlich der Eröffnung der AKIIM (Arbeitsstelle für kritische, interdisziplinäre und interreligiöse Männlichkeitsforschung am Zentrum für Islamische Theologie (ZIT) der Universität Münster hielt Prof. Dr. Michael Tunç (KHSB) einen Impulsvortrag zum Thema „Kritik und Empowerment im Kontext von Islam und Männlichkeiten in Deutschland" und diskutierte mit Aslı Sevindim, Fikri Anıl Altıntaş und Prof. Dr. Mouhanad Khorchide auf dem von Dr. des. David Koch (Zentrum für Islamische Theologie) moderierten Podium.

Er begann seinen Vortrag mit einer kurzen Einführung in die Geschichte öffentlicher wie medialer Diskurse und Debatten um Männlichkeitsbilder in der Migrationsgesellschaft. Tunç kritisierte, dass auf den Islam bezogen stereotyp negative Bilder gefährlich fremder und hegemonialer Männlichkeiten dominieren würden, auch wenn sich empirisch eine große Breite verschiedener Einstellungen und Milieus einschließlich gleichstellungsorientierter Leitbilder finden ließen. Der Vortrag betonte die Notwendigkeit einer intersektionalen Perspektive, mit der Konstruktionen von Männlichkeit neben religiösen oder ggfs. ethnisch-kulturellen Einflüssen auch durch Bildungsbenachteiligung und Armut geprägt verstanden werden können.

Chancen für Transformationen böten auch Angebote der Väterarbeit: so zeige die von Prof. Tunç durchgeführte Evaluation (Tunç 2018), dass auch muslimische Väter an Väter-Angeboten engagiert und mit Erfolg teilgenommen hätten. Anhand von Praxisbeispielen wie „Muslim 3.0: Deutsch, muslimisch, tolerant – ein Leben zwischen Demokratie und Glaube“ und „Ibrahim trifft Abraham“ fokussierte er auf die Herausforderung in der Praxis, dass Fachkräfte eine Haltung gegenüber den Jungen/Männern gestalten sollten, bei der männlichkeitskritische Impulse und fördernde/empowernde Aspekte (auch zur Bewältigung von Diskriminierungs-/Rassismuserfahrungen) zu balancieren wären. Es bräuchte Prof. Tunç zufolge mehr präventive Ansätze der Jungen-/Männerarbeit für die Zielgruppe, aber auch männlichkeitsreflexive Konzepte der Gewalt- und Radikalisierungsprävention (vgl. Tunç 2019).

Am Ende des Vortrags wurden folgende Fragen für die zukünftige Arbeit der AKIIM aufgeworfen:

  • Wie lässt sich Männlichkeitskritik ohne Stereotype/Diskriminierung umsetzen?
  • Wie Konstruktion von Männlichkeit(en) intersektional bearbeiten (v.a. Fokus Bildungsbenachteiligung/Armut)?
  • Wie kann Soziale/Bildungsarbeit progressive Entwicklungen fördern und wo nötig für Bedarfe des Empowerments der Männer Angebote machen?
  • Wie Männlichkeitsbilder und -ideale in religiösen Kontexten diskutieren und Transformation vorantreiben?
  • Wie, in welchen und mit welchen Formaten kann das interreligiös geschehen?
  • Die Rolle von Männern/Männlichkeit in religiös-politischen Extremismusbewegungen (in allen Religionen)?
  • Chancen von progressiven/caring Masculinities durch Väterarbeit?
  • Männliche Gewalt thematisieren, ihre gesellschaftlichen Ursachen und präventive Angebote erproben?

Die Podiumsdiskussion brachte Gäste aus Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft miteinander ins Gespräch. Diskutiert wurden unter anderem Spannungsfelder zwischen religiösen Traditionen und Gleichstellungsansprüchen, die Herausforderung hegemonialer Männlichkeitsnormen sowie das Potenzial intersektionaler Forschung für nachhaltige gesellschaftliche Veränderung. Ein interaktiver Austausch mit dem Publikum rundete den Abend ab. Die Vielzahl an Rückfragen und Kommentaren verdeutlichte das breite Interesse am Thema und an der zukünftigen Arbeit von AKIIM. Im abschließenden Ausblick wurden erste Projektvorhaben sowie Kooperationsmöglichkeiten der Arbeitsstelle vorgestellt, bevor die Veranstaltung mit einem herzlichen Dank an alle Beteiligten endete.

Weitere Infos finden sich auf der Webseite der Arbeitsstelle für kritische, interdisziplinäre und interreligiöse Männlichkeitsforschung (AKIIM) am Zentrum für Islamische Theologie (ZIT) der Universität Münster. Sie interessieren sich für Prof. Tunç, Arbeit zur Männlichkeitsforschung? Dann können Sie sich hier weiterinformieren:

Tunç, Michael (2018): Väterlichkeitsforschung und Väterarbeit in der Migrationsgesellschaft. Rassismuskritische und intersektionale Perspektiven. Wiesbaden: Springer VS. DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-21190-5

Tunç, Michael (2019): Männlichkeiten und Islam. Kritiken und Transformationen. In: Horsch, Silvia/Kişi, Melahat/Klausing, Kathrin/Abdel-Rahman, Annett (Hrsg): Der Islam und die Geschlechterfrage. Theologische, gesellschaftliche, historische und praktische Aspekte einer Debatte. Reihe Osnabrücker Islamstudien; Bd. 34 Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien: Peter Lang. S. 39-80. DOI: https://doi.org/10.3726/b15450

AKIIM versteht sich als Ort wissenschaftlicher Reflexion und gesellschaftlicher Verantwortung. Im Zentrum stehen die kritische Auseinandersetzung mit Männlichkeitskonzepten sowie die interdisziplinäre und interreligiöse Vernetzung entsprechender Forschungsansätze.

Fotos: © ZIT | Peter Grewer