Bewegung als Brücke: Einblicke in die inklusive Tanz- und Bewegungspädagogik mit Romana Diaz
Romana Diaz, Lehrbeauftragte in der Heilpädagogik, hat im Wintersemester ein Seminar zur Tanz- und Bewegungspädagogik an der KHSB gegeben. Debora Carolin Schuler, studentische Mitarbeiterin in der Pressestelle der Hochschule, hat sich mit ihr zum Interview getroffen, um mehr über inklusive Tanz- und Bewegungspädagogik in der Praxis und im Studienkontext zu erfahren. Herausgekommen ist ein inspirierendes Gespräch über Tanz, Sozialarbeit und die Kraft der Bewegung.
Schon als Kind fand Romana Diaz zum Tanz. Bewegung half ihr, ihren Körper anders wahrzunehmen – nicht als bloßes Objekt, sondern als Instrument des Ausdrucks. Diese Erfahrung prägte sie. Sie probierte verschiedenste Tanzstile aus, bildete sich weiter und verband später ihre Arbeit als Sozialarbeiterin mit ihrer Ausbildung zur Tanz- und Bewegungspädagogin. Heute setzt sie ihr Wissen gezielt ein, um Menschen mit und ohne Beeinträchtigung in Bewegung zu bringen.
Ihr Ansatz basiert auf drei zentralen Elementen: Yoga, Entspannung und Tanz – zusammengefasst in ihrem Konzept YoEnTa. Dieses Konzept entstand nicht zufällig, sondern entwickelte sich über viele Jahre hinweg aus ihrer praktischen Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Es kombiniert körperliche Achtsamkeit mit kreativen Ausdrucksmöglichkeiten und schafft so einen Raum für inklusive Bewegungserfahrungen.
Ein besonderer Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt in der Verbindung von Sozialarbeit, Heilpädagogik und Bewegungspädagogik. "Mit meinem Hintergrund als Sozialarbeiterin und meiner praktischen Erfahrung, unter anderem im Teilhabefachdienst, sehe ich immer wieder, wie sehr sich die Sozialarbeit auf Verwaltung konzentriert. Das ist wichtig, aber für mich bedeutet Sozialarbeit viel mehr", erklärt sie. Bewegung kann neue Kommunikationswege öffnen, Barrieren abbauen und Selbstbewusstsein stärken – sei es in der inklusiven Pädagogik, in der Therapie oder in der Sozialen Arbeit.
Diaz' Ansatz zeigt eindrucksvoll, dass Bewegung nicht nur den Körper, sondern auch gesellschaftliche Strukturen verändern kann. Ihr Seminar hinterließ bei den Studierenden nicht nur fachliches Wissen, sondern vor allem ein tieferes Verständnis dafür, wie Tanz als inklusives Werkzeug wirken kann – eine Erfahrung, die weit über den Seminarraum hinausgeht.
Über den Schaffensprozess der Studierenden im Seminar sagt sie: „Ohne dass ich es angestoßen hatte, entwickelte sich eine Choreografie, die nicht nur durch Bewegung miteinander verbunden war, sondern eine tiefere Botschaft hatte. Jede Bewegung wurde mit einer Bedeutung gefüllt, von einem einzelnen Impuls bis hin zu kollektiver Energie der Gruppe. Und das war für mich so faszinierend zu sehen, was die Studierenden erzählen wollen, welcher Ausdruck was bedeutet, welche Bewegungshaltungen z.B. für Liebe stehtund. Da konnte ich spüren, wie sehr sie sich mit dem Thema verbunden fühlten. Es war für mich unglaublich bewegend zu sehen, dass die Studierenden sich nicht nur mit der Bewegung auseinandersetzen, sondern durch den kreativen Prozess eine Geschichte schufen. Für mich war das der größte Beweis, dass sie die Essenz verstanden hatten, das, was ich vermitteln wollte.“
Tanz sei nicht nur eine künstlerische Praxis, er könne auch therapeutische, soziale und heilpädagogische Wirkung haben und sei deshalb so wertvoll in der Sozialen Arbeit. „Es geht nicht nur um Bewegung, es geht um die Auseinandersetzung mit Liebe.“
Eine Lieblingsmethode, sagt Romana Diaz, habe sie nicht, aber sie arbeite viel mit Improvisation. So entstehe ein Raum, in dem sich die Studierenden offen entfalten können. „Eine Sache, die mich besonders beeindruckt hat, war das Bewusstsein der Studierenden für gesellschaftliche Themen. Zum Beispiel haben wir am Ende des Seminar T- Shirts als Erinnerung gestaltet. Wir waren sehr kreativ und das ist auch eine meiner Methoden. E, s geht nicht nur um T- Shirts. Wenn sie zeichnen, dann zeichnen Sie aus der Seele, was Sie gespürt haben.“
Auch bewegungseingeschränkte Menschen könnten gut am Angebot teilnehmen. Diaz wünsche sich, dass es mehr interdisziplinäre Zusammenarbeit gäbe, zum Beispiel zwischen Tanzpädagog*innen, Sozialarbeitenden und Heilpädagog*innen oder auch Psycholog*innen. Wenn diese verschiedenen Disziplinen zusammenarbeiten, können wir noch inklusivere und effektive Methoden entwickeln.
In der praktischen Arbeit habe sie gelernt, dass die Klient*innen das Thema mitbringen, und Tanz als vielschichtiges Werkzeug genutzt werden könne – so auch bei der Trauerarbeit. Denn Tanz drücke aus, was Worte nicht können.
Das Bewusstsein für eine diverse Welt mit unterschiedlichen Bedürfnissen sei ihr oft begegnet, weshalb ihr der Einsatz mit DGS (Deutscher Gebärdensprache) in der Arbeit wichtig ist. Inklusion bedeute auch ein Bewusstsein und Aufmerksamkeit für alle Menschen in ihrer Einzigartigkeit zu entwickeln.
Das Seminar an der KHSB mit der anschließenden Abschlusschoreographie der Studierenden über Liebe habe in der Aula stattgefunden. Die strahlenden Farben des Raumes haben eine offene, schöne Atmosphäre geschaffen, in der die Studierenden Tanz und Gebärden miteinander kombinierten, um eine Geschichte zu erzählen.
Romana Diaz ist Tanz -und Bewegungspädagogin, hat Soziale Arbeit studiert und arbeitet als Einzelfallhelferin. Eine inklusive Haltung versteht sie als zentrales Element ihrer Arbeit. „Inklusion beginnt in unseren Köpfen.“
Interview und Text: Debora Carolin Schuler

Foto: Romana Diaz